Herkunft der Hauskatze
Geschichte der domestizierten Katze
von Marcus Skupin | Welt der Katzen
Es gilt heutzutage als sicher, dass unsere Haus- und Rassekatzen ursprünglich von den Falbkatzen, genauer: von der nubischen Falbkatze (Felis silvestris libyca), abstammen.
Vermutungen, nach denen auch andere Wildkatzenarten (z.B. die europäische Wildkatze) an der Entstehung der Hauskatze beteiligt gewesen sein könnten, haben sich nicht bestätigt.
Zweifel an der früheren These der Abstammung von der europäischen Wildkatze lassen sich beispielsweise bei KAUP (1835) nachlesen. Dieser führt zur Abstammung der Hauskatze Folgendes aus:
"In früheren Zeiten hat man sich begnügt, sie sämmtlich (sic) von der wilden Katze abstammen zu lassen, in neuerer Zeit aber bedenkliche Zweifel dagegen erhoben, indem Rüppel und Ehrenberg aus Nubien eine Katze, Felis maniculata, sandten, von welcher nicht allein die ägyptische Hauskatze, sondern nach Cretzschmar, auch eine europäische Varietät abstammen soll." [6]
Nach PFLEIDERER (2001) sollen alle vier anerkannten Unterarten der Falbkatze, also: F. s. l. libyca, F. s. l. lowei, F. s. l. lynesi und F. s. l. ocreata, an der Haustierwerdung beteiligt gewesen sein.
Aus vor-römischer Zeit gibt es in Mitteleuropa nur wenige Funde von Hauskatzen. Die Verbreitung der Hauskatze in den Gebieten nördlich der Alpen gilt als Verdienst der Römer, wobei die Katzen zunächst in den Städten nachweisbar sind, dann die "vici" (von lat.: vicus, Ansiedlungen im Nordwesten des Römischen Reiches) erreichen und im 2. und 3. Jh. n.Chr. deutlich an Zahl zunehmen. [1]
Siegeszug um die Welt
Ihren Siegeszug um die Erde könnten die Katzen von den nordafrikanischen Staaten, hauptsächlich vom alten Ägypten aus, etwa 2.500 Jahre vor Christus, also vor etwa 4.500 Jahren, angetreten haben. Die Funde von Katzenmumien in zahlreichen Gräbern belegen, dass der Katze ein besonderer Wert beigemessen wurde.
Doch auch aus anderen Regionen der Welt gibt es zwischenzeitlich Erkenntnisse, nach denen die "Haustierwerdung" der Katze eventuell ganz anders stattgefunden hat. Chinesische Wissenschaftler berichten von Untersuchungen aus der Siedlung Quanhucun. Die Siedlung war vor etwa 5.560 bis 5.280 Jahren bewohnt und liegt etwa mittig in China. Anhand dort untersuchter Katzenknochen, die bezüglich der Größe zwischen denen von Wild- und Hauskatzen lagen, konnte bewiesen werden, dass die beiden Tiere wohl von Menschen ernährt wurden. Der Nachweis gelang anhand der Analyse eingelagerter Kohlenstoffisotope im Knochen. Die Ergebnisse ließen den Schluss zu, dass die ältere Katze verhältnismäßig große Mengen Hirse zu sich genommen haben muss. [2]
Eine sensationelle Entdeckung gelang zudem zu Beginn der 2000er Jahre bei Grabungen auf Zypern. Französische Forscher fanden dort die Skelette eines Menschen und einer nubischen Falbkatze in einer gemeinsamen Grabstätte.
Die Leichen waren in einem Abstand von etwa 40 cm symmetrisch angeordnet gefunden worden, was "auf eine enge Beziehung zu Lebzeiten schließen lässt", so der Vertreter des Naturhistorischen Museums Paris, Jean-Denis Vigne, anlässlich einer Präsentation in der Fachzeitschrift "Science" am 9. April 2004 (Bd. 304, S. 259).
Die Fundstätte befindet sich in "Shilourokambos", einem Dorf, das in der Zeit zwischen 8.300 und 7.000 vor Christus bewohnt war.
Obwohl schon seit langem bekannt ist, das Katzen nur mit menschlicher Hilfe nach Zypern gelangt sein konnten, war bisher ungeklärt, ob es sich hierbei um wilde oder gezähmte Tiere gehandelt hatte. - Nun wird jedoch klar, das zumindest einige dieser Tiere wohl mit den Menschen verbunden waren und das bereits vor 9.000 - 10.000 Jahren also etwa 5.000 Jahre früher als dies bisher aus dem Alten Ägypten angenommen wurde.
Die Wiege der Hauskatze
Genetische Untersuchungen mitrochondrialer DNA (mtDNA) an insgesamt rund 1000 Katzen, die vom US-amerikanischen Krebsforschungsinstitut durchgeführt wurden, legen nahe, dass die Hauskatze im Nahen Osten "domestiziert worden" ist. Die Selbstdomestikation erfolgte im sogenannten "Fruchtbaren Halbmond". Dieses Gebiet zieht sich vom östlichen Mittelmeerbereich (Levante; vgl. rote Kennzeichnung der vorstehenden Karte) über das Zweistromland mit Euphrat und Tigris (Mesopotamien; vgl. grüne Kennzeichnung der vorstehenden Karte) bis zum Persischen Golf.
Anhand genetischer Marker konnten die untersuchten Wildkatzen sechs Gruppen zugeordnet werden. Diese Wildkatzengruppen stammten aus China, Europa, dem Nahen Osten, Südafrika und Zentralasien. Zudem konnte die Gruppe der Sandkatzen ermittelt werden, bei denen es sich jedoch um eine andere Art handelt.
Die in der Studie untersuchten Haus- und Rassekatzen stammten ausnahmslos von der Wildkatzengruppe aus dem Nahen Osten ab. Zudem konnten festgestellt werden, dass die Abstammungslinie der Hauskatzen mehr als 100.000 Jahre alt ist, sowie darüber hinaus fünf mütterliche Abstammungslinien identifiziert werden. Alle heutigen Hauskatzen könnten demnach von nur fünf weiblichen Tieren abstammen. [3] [4]
Über die Herkunft und Abstammung der Hauskatzen sind bereits früher zahlreiche Zusammenfassungen und Berichte geschrieben worden.
PÖPPIG (1847) schreibt über die Herkunft der Hauskatze: "Es ist im Vorausgehenden bereits angedeutet worden, daß gegenwärtig die Frage nach Abstammung der Hauskatze eine andere Lösung erhält, als in vergangenen Zeiten, und daß man die ägyptische Katze als das Urthier ansieht. Sie wurde von Rüppell in Nubien, westlich vom Nil bei Ambukol, entdeckt, wo sie dichtbebuschte Gegenden bewohnt. An Größe gleicht sie einer gewöhnlichen Hauskatze, ist oben mehr oder weniger fahlgelblich, röthlicher auf Hinterkopf und Rückenlinie, theils fein schwarz gesprenkelt, an den Seiten heller, am Bauche weißlich. Am Rumpfe stehen verwaschene schmale Querbinden, die an den Beinen deutlicher hervortreten, am Oberkopfe und Nacken acht schmale Längebinden. Der 10 Zoll lange Schwanz ist oben fahlgelb, unten weiß, mit drei schwarzen Ringen umgeben, an der Spitze schwarz." [5]
Ausgesprochen gut gefallen mir in diesem Zusammenhang auch die Vorträge, die vor mehr als 110 Jahren von heute so bekannten um nicht zu sagen berühmten Männern wie Heinrich BRUGSCH und Rudolf VIRCHOW in der Zeitschrift für Ethnologie, Band 21 veröffentlicht wurden. Aber lesen Sie selbst...
Weitere Infos:
Quellen
[1] Wenzel, Stefan: Die Tierknochen aus der spätrömischen Befestigung auf dem Katzenberg, Seite 249 mit Hinweis auf Peters 1998, 188f.
[2] Yaowu Hu: Earliest evidence for commensal processes of cat domestication; Yaowu Hua, Songmei Huc, Weilin Wangc, Xiaohong Wud, Fiona B. Marshalle, Xianglong Chena, Liangliang Houa and Changsui Wanga; PNAS, vol. 111 no. 1, 116 120, doi: 10.1073/pnas.1311439110;
[3] Driscoll, Carlos, u.a.; National Cancer Institute, Frederick: Science, Online-Vorabveröffentlichung, 2007, DOI: 10.1126/science.1139518
[4] Skupin, Marcus; Haarlose Feliden, 2017, ISBN 978-3-8482-2449-4 (Fruchtbarer Halbmond; Kartenbasis: Wikipedia, CC-Lizenz)
[5] Pöppig, Eduard: Illustrierte Naturgeschichte des Thierreichs, Band 1, S. 91 bis 111, Leipzig, Verlagsbuchhandlung J.J.Weber, 1847
[6] Kaup, Dr. J.J.: Das Thierreich in seinen Hauptformen, Erster Band, Verlag Johann Philipp Diehl, Darmstadt 1835, S. 274/275
siehe auch: http://www.wissenschaft.de/home/-/journal_content/56/12054/1015791/