Brugsch, Heinrich

Die ältesten Dokumente über die Katze

Katzenstatuette

Katzenstatuette

© 2016, Marcus Skupin

von Heinrich Brugsch (1827-1894)

Anm.: Der folgende Vortrag von Heinrich Brugsch wurde (erstmals) im Jahre 1889 in der Zeitschrift für Ethnologie, Bd. 21, veröffentlicht.

Das Vorkommen der Katze geht nach den ägyptischen Denkmäler-Angaben bis in die höchsten Zeiten des ägyptischen Altertums zurück. Bereits in den Inschriften der neu geöffneten Pyramiden aus den Zeiten der V. und VI. Dynastie erscheint sie unter der Bezeichnung miu, weiblich miu-t, in der späteren Entwicklung der Sprache in den letzten Jahrhunderten vor dem Beginn unserer Zeitrechnung findet sich die Katze als "emu" vor. Die Katze war in gleicher Weise als ein der Sonne und dem Mond geheiligtes Tier betrachtet. Darstellungen und Texte vereinigen sich zum Beweise dafür, dass der Sonnengott Ré auf Grund einer mythologischen Überlieferung sich einstmals in die Gestalt einer Katze verwandelt hatte.

Im Totenbuche Kap. 17 nach der Naville'schen Ausgabe unternimmt der Träger und Bringer des Lichtes Ré in Katzengestalt, den Kampf gegen die typhonische Aphophis-Schlange, das Symbol der Finsternis.
Als Örtlichkeit des Kampfes wird die himmlische Station On-Heliopolis genannt, in welcher - neben dem heiligen Perseabaum - beide Tiere als Kämpfer gegeneinander auftreten. Da On auf der altägyptischen Himmelskarte den im Osten gelegenen Punkt des Sonnenaufganges andeutet, so liegt der Inhalt des Mythos klar vor, denn er schildert den täglich wiederkehrenden Kampf des aufsteigenden Lichtes gegen die nächtliche Finsternis unmittelbar vor der Morgendämmerung.

In einem anderen Sinne erscheint die Katze als Vertreterin des Mondlichts, welches die spätere Zeit mythologischer Überlieferung mit einer Göttin namens Bast, von Herodot nach der ihr geheiligten Stadt Bubastis genannt, und mit der griechischen Mondgöttin Artemis verglichen, in Verbindung setzt.
Die Göttin, deren Kult in der "Stadt der Bast" (Pibast, das Pisebeth der Bibel) im Vordergrunde erscheint, tritt erst im neunten Jahrhundert vor Christus als "Herrin" der genannten Stadt auf, die in den vorangegangenen Jahrhunderten dem ausschließlichen Kult des Gottes Amon geweiht war und einen vollständig anderen Namen führte, wie es die Naville'schen Ausgrabungen auf dem Gebiete der später Bubastis genannten Örtlichkeiten (heute: Tell-Bast) mit vollständiger Sicherheit ergeben haben.
Während die steinernen Bildwerke einschließlich der Darstellungen auf den steinernen Wänden des der Göttin geweihten Heiligtums, die ägyptische Artemis in der Gestalt einer löwenköpfigen Frau erkennen lassen, zeigen massenhaft im Tell-Bast aufgefundene Bronzen dieselbe Göttin nur in katzenköpfiger Gestalt.
Als solche haben ihre Bilder die Form einer ungewöhnlich schlanken, schmalhüftigen Frau, deren Leib ein reich gemustertes Gewand bedeckt, während die rechte Hand ein Sistrum, der linke Arm dagegen ein Körbchen trägt, - ein Kammerkätzchen in leibhaftigster Gestalt.
In rein tierischer Auffassung ist es eine sitzende Katze, welche die Göttin Bast in das Gedächtnis zurückruft, wie der Apisstier den memphitischen Gott Ptah-Sokar-Osiris.

Das Sistrum in den Händen der Göttin, ein noch heute in der abessinischen Kirche gebräuchliches Klapperinstrument, ist hoch bedeutungsvoll. Nach dem Inhalt der ägyptischen Inschriften erfüllte sein klapperndes, schellenartiges Getöse den Zweck, die dämonischen Mächte aus den Tempelräumen fernzuhalten.

Es bestand aus einem an einem Griff befestigten, metallenen, ovalen Rahmen mit drei oder vier beweglichen Querstäben in der Mitte. Beim Schütteln erzeugte es einen hellklingenden Ton, der nicht unähnlich unserm modernen Schellengeläute war.
Viele noch vorhandene Exemplare, welche uns aus dem Altertume überkommen sind, lassen auf ihrer Spitze des Bild einer sitzenden Katze, also das lebende Symbol der Göttin Bast, erkennen. Der in den ägyptischen, heiligen Dingen wohlunterrichtete Plutarch bemerkt in seiner wertvollen Abhandlung über Isis und Osiris darüber folgendes: "Es zeigt auch das Sistrum, dass das Seiende sich umschwingen und nie in der Bewegung nachlassen, sondern als ein Schlummerndes und Träges gleichsam geweckt und umgeschwungen werden soll. Typhon vornehmlich, sagen sie, wird durch die Sistren verscheucht und weggetrieben, das heißt, wenn die Vergänglichkeit die Natur fesselt und hemmt, so wird sie wiederum von der schaffenden Kraft vermitteltst der Bewegung gelöst und aufgerichtet. Das Sistrum ist oben kreisförmig gebogen, und diese Rundung umfasst die vier geschüttelten Stäbchen. Auch der entstehende und vergehende Teil der Welt wird von dem Mondkreise umfasst, alles in ihm wird durch die vier Elemente; Feuer, Erde, Wasser und Luft bewegt und verändert. Oben auf der Rundung des Sistrum befestigen sie das Schnitzbild einer Katze mit einem Menschengesicht, unter die vier geschüttelten Stäbchen kommt auf einer Seite das Gesicht der Isis, auf der anderen das der Nephthys. Durch diese Gesichter bezeichnen sie Geburt und Tod (denn dies sind die Umwandlungen und Bewegungen der Elemente), durch die Katze den Mond, wegen der Veränderlichkeit und nächtlichen Regsamkeit und Fruchtbarkeit des Tieres: denn es soll zuerst ein Junges werfen, dann zwei, dann drei und vier und fünf, und so immer eins mehr bis zu sieben, so dass sie im ganzen achtundzwanzig wirft, soviel der Monat Tage hat.
Dies nun ist vielleicht nur eine Sage, aber die Augensterne der Katze scheinen beim Vollmonde sich zu füllen und auszubreiten, bei abnehmendem Lichte sich zu verkleinern und zu verdunkeln. Durch das Menschengesicht der Katze wird das Geregelte und Ordnungsmäßige des Mondwechsels angezeigt.

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wenn Sie mehr lesen möchten, finden Sie hier den
2. Teil des Vortrages.

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